Denk ich an Italien…

Im Land wo die Zitronen blühn…

Denk ich an Italien, dauert das länger, nicht weil mir das Land so viele Kopfschmerzen macht, sondern weil ich es, und seine Bewohner liebe, trotz, oder gerade wegen allem.

Nein, auch wenn meine italienischen Freunde diese Liebe gelegentlich etwas beängstigend und zu einnehmend empfinden, weil sie allerspätestens in der zweiten Liebesnacht mit einem heftigen Ehestreit über die fachgerechte Zubereitung von Spaghetti bolognese bzw. al ragú endet, bleibe ich dabei, ich liebe Italien, gerade weil es so ist, wie es ist und das ist gut so.

…und nein, ich schließe mich nicht der Panik der Börsengurus und der allgemeinen „geraman angst“ vor jeglicher Unordnung und Unberechenbarkeit an. So unberechenbar ist Italien im Übrigen garnicht. Es hat mindestens genausoviel Bürokratie wie wir und auch sonst sind die Regeln garnicht so anders…man muss sie eben nur verstehen und das setzt die Erkenntnis vorraus das das Deutsche Wesen kein globales Wundermittel ist, va bene…

…und Nein, ich werde ganz bestimmt nicht den mäkelnden Besserdeutschen geben, der verzweifelt nach Kavallerie, Leistung und Diziplin jammert. Und Nein, ich gehöre auch nicht zur Toskanafraktion, die alles Italienische so „italienisch“ findet, obwohl…gegen einen guten Grappa und ein paar Tramezzini hätt ich jetzt auch nix…

Italien ist was es ist und es wäre jammerschade, wenn es zu einem zweiten M(ä/er)kel-Deutschland würde.

Sind es nicht gerade jene allen Unbilden des Seins trotzende grandeza, jene ausschweifende sprezzatura und gelegentlich leicht morbide magnificenza, der unbeugsame Wille zum „contrariamento“ und zur genussvollen „sregolatezza“, welche uns bleiche Nordbarbaren seit Jahrhunderten immer und immer wieder in den sonnigen Süden treiben? Die beinahe lustvolle Freude an einer gewissen „ingovernabilità“ nach der sich der verängstigte Deutsche  beim Erstkontakt an der kleinen Espressobar nördlich von Bozen jedesmal auf’s Neue sehnt?

La gioia di essere, nonostante tutte le difficoltà!

Ich übersetze das jetzt nicht. Es gibt Google und auf Deutsch klingt das alles ohnehin so…südländisch…Wann haben wir eigentlich verlernt mit unserer Sprache großes auszudrücken? Vermutlich der II. Weltkrieg…oder doch die 68’er?

Zugegeben, ganz so einfach ist das mit der Seinsfreude auch unter Olivengrün und azurblauem Sommerhimmel nicht. Da wäre  zum Beispiel die Sache mit der „cittadinanza“. Sicher, mit Venedig, Siena, Florenz, Amalfi, Rom, Neapel oder Genua verfügt Italien über Stadte und Städter deren Geschäftssinn und altehrwürdiger und nicht selten höchst eigenwilliger Bürgersinn einem vor Ehrfurcht das Blut in den Adern gefrieren lassen kann. Genau die gleiche „Eigenwilligkeit“ führt aber auch dazu, dass man zumeist nicht besonders weit über die eigene Stadtmauer und den eigenen Nutzen hinausdenkt Etwas so junges und ungewohntes wie regionenübergreifende Solidarität in einem Nationalstaat hat in italienischen Herzen trotz aller Bemühungen wenig Platz. Aber sind wir Deutschen da wirklich so anders?

Ohnehin, die Sache mit dem Patriotismus. Während sich die tedeschi durch das eigene Verteidigunsministerium jüngst amtlich bestätigt mit einer Armee voller Jammerlappen und profilneurotischer Veteranen herumschlagen, dürfen sich die armen Italiener seit Carlo Azeglio Ciamp vor jeder Theaterorstellung mit der peinlich-rutinierten Bemühtheit eines Opernorchesters beim Intonieren der Nationalhymne vor einer Kindervorstellung abmühen (übrigens eine seeehr italienische Lösung, das mit der Nationalhymne).

In Italien stehen zwar auf gefühlt jedem zweiten und real jedem dritten Platz Garibaldi und Vittorio Emanuel und Geflügelte Löwen verkünden selbst im Herzen der Serenissima stolz das überragende Optionsergebnis für Italien, doch nur zwei Meter weiter klebt am Laternenmast  ein rotgoldener Aufkleber mit der Forderung nach der Eigenstaatlichkeit Venedigs. Wem je während eines gemütlichen Abendessens die nur äußerst mühsam verholene Abscheu aufgefallen ist, mit der Sizilianer über Lombarden, Venezianer über Calabresen und Römer über alle anderen herziehen, der wird um die bange Frage ob ein gesamt-italienischer Patriotismus jenseits der kleinen eigenen Stadt, dem eigenen kleinen Fußballclub oder der eigenen kleinen Nachbarschaft überhaupt existiert ohnehin nicht herumkommen.

Noch schlimmer, absolut niemand (ich kenne jedenfalls keinen) vertraut einem/seimem(!) Politiker und schon garnicht dem „Staat“ (bah!). Glaubt man der Betreuerung des Barmans oder Kioskbesitzers, sind Bestechung und Vorteilsnahme so normal, dass sich im Normalfall niemand jemals darüber aufregt (er tut es gerade!), und selbst wenn er oder sie es tut, endet das Ganze in 99% der Fälle in der resignierten Erkenntnis, dass es nur 2 Methoden gibt mit der casta zurechtzukommen. Entweder man gehört selbst dazu (dann darf man aber auch nicht mehr motzen, also blöde Lösung!) oder aber man wandert aus (und das will man ja schließlich auch nicht, weil man ja eigentlich im schönsten, besten und wundervollsten Land der Welt lebt, wenn da nur nicht…).

Kurz es ist sinnlos sich darüber aufzuregen, weil die Dinge nunmal so sind, wie sie sind…menschlich…und trotzdem regt man sich auf, weil irgendwas muss man ja schließlich den ganzen Tag tun.

Ich weiß, ich mach es mir gerade etwas zu einfach. Wir leben nicht mehr im Jahr 1945 und auch in Italien die Dinge sind in den Jahren auch nicht gerade einfacher geworden.

…und ja, selbst in Italien gibt es Menschen/Italiener die etwas verändern wollen, die sind aber meist unter 20, oder über 70, wählen die Kommunisten (oder Grillo oder wer auch immer gerade gegen alles ist) oder schwärmen von Mussolini oder desse Tochter/Enkelin…ein paar wünschen sich sogar den König zurück (das sind aber wirklich nur ganz wenige), weil früher alles besser war (war es nicht…aber das ist eine andere Geschichte, und so leut gibt’s in Kulmbach und Buxtehude schließlich auch…nur mit dem Unterschied, dass die Deutschen ihr Vertrauen in Politiker nie ganz verloren haben, vielleicht liegt das doch am preußisch-bayerischen Obrigkeitsglauben?)

In Italien hingegen kann man, weil man eh niemandem traut (oder besser „zutraut“) ohne jegliche Gewissensbisse auch gleich den der am besten aussieht, am besten riecht am besten brüllt oder eben auch nur am besten verspricht wählen. Sono tutti ugualmente male, eh?

Ich drehe mich im Kreis, und dass ich als tedeschi gerade diesen wunden Punkt durchs Dorf treibe muss wohl an meinem angeborenen Masowchismus liegen…Staat und Nation sind etwas zu dem auch wir lieber Abstand halten, aber Oderflut und Soli, Wiedervereinigung und Goldener Bär, Tageschau und der gesamtstaatliche Kult um Lindenstraße und Sportschau haben in mir trotz wieder besseren Wissens die Hoffnung keimen lassen, dass in Deutschland, trotz allem Murren, Motzen und Mäkern so etwas wie ein grundlegender Konsens in Sachen Zusammengehörigkeit und gegenseitiger Verantwortung existiert. (ich hoffe, sicher bin ich mir nicht!)

In Italien hingehen…

Nein ich will nicht den Bessertedeschi geben, dazu hab ich keinerlei Recht auch wir kennen den möglichst geräuschvollen Griff in die Staatskasse, nur sind wir dabei selten so elegant.

Und ob aufgespritzte Lippen, Lautstärke und Illusorische Phantasmagorien, so viel besser als deutsche Sachzwänge sind?

Nicht wirklich…

Und sind wir nicht auch eine Mediendemokratie, in der Giggolina und Il Cavaliere mit allen Mitteln um die Gunst des Fernsehwählers buhlen…Altkanzler Schmidt oder der CSU-Landesgruppenvorsitzende hören sich jedenfalls gelegentlich nicht viel anders an.

Selbstreflektion, kritisches Hinterfragen des eigenen Tuns und der eigenen Verantwortlichkeit? So eine dumme Frage kann auch nur ein Deutscher stellen.

Sicher manchmal lebt man südlich des Gardasees im Chaos (wer tut das nicht!), sicher die Kinder haben keinen Job und sitzen mit Mitte dreißig noch immer im Kinderzimmer, Sicher man weiß nicht wie man die nächste Miete oder die nächste Hypothekenrate zahlen soll und sicher, im Krankenhaus hat die letzte Untersuchung Tage gedauert, aber man tut es wenigstens mit Würde!

Mann (Also Italiener) stammt von Göttern und Heroen ab und Frau ist mindestens Venus (oder doch zumindest Cleopathra). Der Mythos zählt, nicht die Gegenwart, etwas anderes bleibt dem durchschnittlichen Mr. Italy und seiner Mrs. Bibbione auch kaum übrig. Quanto maggiore la misseria, quanto piu soni i sogni!

Und wer will Gino und Maria die eigenen (oft recht bescheidenen) Träumen,  Hoffnungen, Illusionen und den Glauben an eine bessere Zukunft auch übel nehmen?

Und wenn das alles garnicht so schön, so gut und so wundervoll ist? Wenn die Träume zu Alpträumen werden und man an den eigenen Idealen zerbricht?

Wieder einmal eine sehr, sehr deutsche Frage…und eine auf die man in Italien zumeist erst sehr spät in der Nacht und nur von sehr, sehr guten Freunden eine Antwort bekommt…

Es bleibt…

Nichts…

Aber sind wir tedeschi wirklich so viel besser? Ist Scheitern in unserer maßlos gewordenen deutschen Leistungsgesellschaft denn so viel angesehener? Grenzen wir nicht auch jeden gnadenlos aus, der nicht topfit, superintelligent, vollflexibel und komplett übereifrig für einen Hungerlohn arbeitet und dabei auch noch den Körper eines Adonis oder einer 12 jährigen Vestalin hat?

Während uns Deutsche die Angst vor dem (finanziellen) Nichts zielsicher ins nationale Burnout treibt, und während wir unseren „leistungsschwachen“ Nachwuchs bereits im Grundschulalter mit Ritalin ins ADHS Syndrom treiben, versuchen die Menschen in Mailand, Palermo oder Triest (wir können die Liste um Lissabon, Madrid, Sevillia, Athen und Pothamos erweitern) sich wenigstens ein Minimum an dignità, jener für das Leben so nötigen Würde des Alltags zu bewahren, indem sie trotz allem versuchen dem Leben etwas Schönheit, Glück und Freude abzuringen.

Dass kann dann durchaus auch mal der Goldputto an der Resopaldecke oder die falsche Gucci-Tasche sein…Das ist ganz sicher der Espresso am Morgen, der Plausch mit der Nachbarin, der Gang über den Markt oder das Gläschen Wein nach Feierabend. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger. Das mit schlechtem Geschmack, Faulheit und dolce fa niente zu verwechseln gelingt wahrscheinlich wirklich nur den freudlos rechnenden Deutschen, die den Sinn ihres Lebens im Anhäufen nutzloser Leistungsprädikate sehen.

Generation Burnout…und was kommt danach?

Das Ideal der Italiener ist das eigene kleine Glück, und dieses Glück hat für die meisten (noch und gott sei Dank!) relativ wenig mit Bankern und Leistungswahn, neoliberalen Scheinwelten und globalisiertem Anpassungsdruck zu tun. (Jenen Italienern, die sich diesen Idealen annähern sollte man tunlichst misstrauen…es könnten die besseren Deutschen werden! Berlusconi ist das beste Beispiel dafür!)

Für die meisten Italiener liegt das Glück jedoch im Licht, dass sich in den brüchigen Marmorplatten des kleinen Gartens spiegelt, in der Bohnensuppe, die schon die Nonna der Nonna genau so gemacht hat, dem Rauschen des Meeres, dem Lächeln des Barmanns oder dem alten Sofa, auf dem man seinen wohlverdienten Mittagsschlaf hält. Eine Welt und ein Glück, dass nun bedroht ist. (ob plötzlich oder nicht ist eine andere Frage, es geht ums Gefühl…aber das ist auch etwas, das die tedeschi allenfalls als „Geschäftsklimaindex“ kennen)

Deshalb gehen die Menschen auf die Straße, streiken und opfern alles und jeden, stechen, hauen und betrügen auch mal wenns sein muss. Es ist ein sehr privates, sehr verletzliches und gleichzeitig sehr bedrohliches Glück, das keine neidigen Zuschauer, keine Fragen nach Effizienz oder Steuererklärung, kein Denken an Morgen und nur sehr wenige, echte und sehr verschwiegene Freunde verträgt.

und ja…es fällt mir jetzt verdammt schwer als dummer kleiner Deutscher der sich sorgenvoll um seinen Kontostand und seine garnichtmehr so sichere Rente sorgt nicht vor schmerzvoller Selbsterkenntnis loszuheulen…vielleicht hat mich ja auch schon der italienische Schlendrian gepackt…

Und ja Giovanni…das (Über)Leben ist schon schwer und manchmal ziemlich kurios, wenn man laut Zeitung direkt von Göttern, Päpsten und Freiheitshelden abstammt. Grillo und Il Cavalliere sind in dieser Hinsicht auch nur  Cäsaren und mir ist nicht allzu bang um ihre Parolen. Es wird sein wie immer, erst feiert man sie, dann werden sie langweilig, dann teuer und irgendwann lässt man sie wie einen alten Fisch fallen, vorausgesetzt sie schaffen es nicht sich durch grellbunte Wahlkampfplakate,  eine vollbusige Geliebte oder die hemmungslose Selbstbereicherung und das Versprechen des Blauen vom Himmel wieder ins Gespräch zu bringen.

Aber vielleicht ist das alles ja auch nur ein Stereotyp. Vielleicht projeziere ich gerade auch nur meinen Frust, meine Sorgen, meine Zweifel und meine Sehnsüchte aus dem nasskalten Norden in den azurblauen Himmel der Adria…

mundus vult decipi, ergo decipiatur

…wusste sinngemäß schon Gaius Petronius Arbiter.

Und mal ehrlich…wer weiß von uns schon ob es die Banker, die Politiker, die EU, Berlusconi, Otto-Normalbürger oder die Chinesen sind, die die meisten gezinkten Karten in der Hand halten?

Die Welt ist kompliziert geworden. Manchmal zu kompliziert für das eigene, sorglose kleine Glück.

Die Wahl zur Unregierbarkeit ist kein dummer Zufall, es ist bewusster, wiederständiger Akt gegen eine (Um-)Welt, die das Glück und damit auch die ganz alltägliche Würde der Vielen, dem Profit der Wenigen geopfert hat.

Das Missverständnis liegt darin, dass man nördlich der Alpen noch immer daran glaubt, der Freie Markt könne Probleme lösen.

Ich wünsche den Deutschen, dass sie aus diesem Traum niemals erwachen und ihr eigenes kleines Stückchen Glück (oder ihre Ordnung und Sicherheit der Dinge) finden werden. Mögen sie auch ein wenig Glück und ein wenig Sonnenschein finden, sie haben ein Recht darauf!

…und den Italienern? Mögen sie so bleiben wie sie sind (oder auch nicht, wenn ihnen der Sinn danach steht!). Genauso chaotisch, schwärmerisch, enthusiastisch, leutselig, feindselig, raffgierig, genial, friedliebend, kriegerisch, sanftmütig und wütend. Ich kann nur hoffen, dass sie sich nicht von globalen Hedgefonds und selbsternannten Wirtschaftsweisen vorschreiben lassen, wie sie zu leben und zu denken haben. Wir Deutschen sind dazu offensichtlich zu…ich weiß nicht was…vielleicht ist es ja wirklich die Kälte, die uns träge und kurzsichtig macht…aber das ist jetzt ein italienisches Stereotyp.

Viva l’Italia, nonostante la miseria!

Von Werbepausen, Alpenglühn, Skispringern und Saupreißn…

Alpenglühn

Lieber winterlicher Sportkanal;

Ich weiß, wir haben seit frühester Kindheit ein etwas ambivalentes Verhältnis. Dein überschwänglicher Enthusiasmus, der sich zur Winterszeit nicht selten mit jagerteegesätigter Almhüttenromantik, nationalfarbenschwingenden Wikingerhelmträgern und den Flugversuchen unterernährter Adler in aerodynamischem Neonpolyester verbindet erzeugt – zugegebenermaßen – eine gewisse Faszination.

Die farblich abgestimmten und mit kunstvollen Pailettenstickereien verzierten Schlittschuhüberzieher, das zahnlose Lächeln kanadischer Eishockeyspieler, der fröhliche Todesmut eiskanalgestählter Weißwürste und dann erst die exakt gesteckten Tannenbuschen auf der „Schanz“ und der echt zünftige Jodler des Moderators beim Abfahrtssieg der Damen im Riesenslalom.Hach… Alpenländisches Matterhornidyll in seiner reinsten und unschuldigsten Heidi-Form!

Und doch…irgendwo steckt auch in mir ein kleiner Reinhard Fendrich, und ja ich bekenne es ganz offen, auch mir ist schon so manch amüsiertes „Hoppala“ entsprungen, wenn’s bei 165 Km/h wieder einmal einen der Goldbuam auf der Streif so richtig brutal zerlegt hat. (O-Ton 85-jährige Großtante aus Niederösterreich: Sonst wärs jô eh faad…)- Leider gilt bei einigen NGO-Vertretern und Rohkostgutmenschen das ritualisierte Totengedenken bei Sportschau, Hefekranz und Sonntagskaffee inzwischen als politisch leicht inkorrekt. Warum eigentlich? War es nicht schon immer der Sinn des Sports sich in Form waghalsiger Wendemanöver der Gefahr des nur scheinbar gezämten Todes auszusetzen? Sind Skispingen und Riesenslalom, Eisstockschießen und Rodeln denn nichts anderes als sublimierte Initiationsrituale, mit deren Hilfe der Ipod geschädigte Bankerlehrling von heute das Tier in sich entdeckt? Hat nicht schon Kaiser Franz Joseph – Gott hab ihn selig! – seiner Sissi nicht unter Lebensgefahr beim Eiswasserfallklettern Edelweiß gepflückt?  O tempore, o mores…

Am schönsten aber sind…nein nicht die Ferien, die Werbepausen! Da haut’s einen Weitspringer bei 9 Kilometer Seitenwind von der Schanz, aber wir „haben“ jetzt ersteinmal ein kleines Bisserl Werbung! Als sei’s ein Dopingguatserl vom Deml und noch dazu eine riesen Malebumpanez!

Erwacht aus der Erinnerung an die legendären Kindersendungen des Österreichischen Staatsrundfunks, fällt einem beim nächsten Jagertee irgendwann doch auf, dass das ganze so falsch ja nicht ist…Botox, Schnee, Clenbuterol und  Eigenblutkonserven bekommt man zur Hochsaison in Skt. Moritz, Gstaad, Kitzbuehl , oder Kranjska gora eh leichter als eine ordentliche Brettl-Jausn!

Und wenn man sich dann, angeregt durch die mediale Bilderflut des Wetterfernsehns, gamsbartschwingend und jauchzerverströmend zusammen mit 3 Millionen Gleichgesinnten auf der A8 in Richtung Großglockner, Wildhorn und Trafoier Eiswand aufmacht und nach 9 Stunden Stau bei Germknödeln, Zittermusik und Enzian die Last des Alltags endlich hinter sich lässt und sich am nächsten Spätvormittag von der immensen Majestät der Berge gepackt todesmutig mit zwei Dutzend kreischenden indischen Teenies in den Anfänger-Skikurs beim feschen Franzl vom Deppenhügel einträgt…dann, aber nur dann kann es in einer sternenklaren Winternacht passieren, dass einen eine b’sonders leivante Hüttenwirtin namens „Gschaftlhuberin“  um halb zwei Uhr früh weckt und mit sorgenvoll-katholischem Magdalenenblick verkündet „S’ist nôch widarrrr aans verunglückt!“

Das ganze ist nun kein bloßer Versuch der Informationsübermittlung…Nein, will man am nächsten Morgen nicht als DER „Vermaledeite Saupreiß“ durch den Ort getrieben werden, gehört es sich nun frischfröhlich und mit möglichst großem k.& k. Bremborium aufzustehen, sämtliche eventuell noch schlafende Gäste der Alpenpension Koflblick durch das sonore Bassbrummen der antiken Schuhputzmaschine aufzuwecken und bei zünftigem Fackelschein durch Nacht und Frost möglichst „gschwind“ zum Lawinenkegel zu eilen um gemeinsam mit Skilehrer, Bergwacht, freiwilliger Feuerwehr Skt. Florian und dem Blasmusikzug  Erzherzog Johann zu schaung welcher vermaledeite Tschusch, Türk, Süditaliener, Russe, Ami, Niedersachse oder Wiener (bitte in dieser Reihenfolge) in seinem postjuvenil-alpinen Leistungswahn das letzte Schneebrett der Saison losgetreten hat.

Wenn dann der Komandant der örtlichen Schützenkompanie Andreas Hofer II den im Obsgarten des Pfarrers liegenden Saukerl‘ (groooses Kompliment!) mit einem fröhlichen „lebst nô oder hôds di z’rissn“ begrüßt fühlt man sich inmitten von Wellnesstempeln, Gletschermühlen und Nordic-Walking-gestressten Landfrauen erst wirklich daheim!

Danke liebe Zenzi, und es lebe der Sport!

Earl Grey Wetter

zapfig is!

Ich will zum Bäcker und komme mit Bergen von Schnee auf Hut und Pelzkragen zurück. Die Rhododendronblätter haben sich vor dem eisigen Wind zu kleinen Zigrarillos eingerollt. Ein letzter sichernder Blick auf den „Hausdienstplan“…es stimmt, ich bin drann. Ich überlege mir, ob ich zum Kehrwöchnern lieber den Feger oder doch gleich die Schaufel nehm…Der Schnee ist leicht, trotzdem entscheide ich mich der besseren PR wegen  für die Schaufel… Weg vom Schreibtisch genieße ich die seltene Gelegenheit durch physische Arbeit ein wirklich sichtbares Ergebnis zu „schaffen“.Ich blicke Richtung Dom und träume mich ans Meer.  Schneewehen erinnern mich an Venedig oder war es doch das Londonder East End? Sollte beide Orte im Sommer besuchen! Ob Charles Grey Viscount Howick und 2. Earl Grey wohl ähnliche Gedanken plagten als er besorgt ein Tässchen „verdorbener Handelsware“ probierte? Vermutlich nicht.